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zieh, Schimmel, zieh
zieh, Schimmel, zieh
Der Text zu dieser Volksweise ist von Joseph Victor von Scheffel (16.02.1826 - 09.04.1886).

zieh, Schimmel, zieh

Hier lagern wir am Heckendom
Im Gras und grünen Ranken
Und trinkenen aus dem vollen Horn
Den goldnen Wein aus Franken.
Er geht herum im Kreise
Und kommt zur Ruhe nie, ja nie,
Dazu ertönt die Weise:
"Zieh, Schimmel, zieh, ja zieh!"
Dazu ertönt die Weise:
"Zieh, Schimmel, zieh!"

Es sollt' einmal ein Klosterknecht
Vor langen, langen Jahren
Weinfässer in dem Korbgeflecht
Hinab zum Kloster fahren.
Es stak im Straßenkote
Das Rößlein bis zum Knie, ja Knie,
Der Fuhrmann schrie und drohte:
"Zieh, Schimmel, zieh, ja zieh!"
Der Fuhrmann schrie und drohte:
"Zieh, Schimmel, zieh!"

Es knarrt das Rad, die Mähre dampft,
Es kracht die Wagenleiter.
Der brave Schimmel keucht und stampft,
Der Arme kommt nicht weiter.
Er steht und senkt die Ohren
Trotz Peitsche, hott und hüh, ja hüh.
Die Mahnung ging verloren:
"Zieh, Schimmel, zieh, ja zieh!"
Die Mahnung ging verloren:
"Zieh, Schimmel, zieh!"

Da sah der Knecht die Fäßlein an
Und sprach: "Sie sind zu schwere,
Ich glaube, es ist wohlgetan,
Wenn ich das kleinste leere."
Aus trank er eins der Fässer,
Der Wein ihm Kraft verlieh, verlieh,
Dann rief er: "Jetzt geht's besser,
"Zieh, Schimmel, zieh, ja zieh!"
Dann rief er: "Jetzt geht 's besser,
Zieh, Schimmel, zieh!"

Vorm Kloster hielt am siebten Tag
Das Schimmeltier, das brave,
Und auf den leeren Fässern lag
Der Klosterknecht im Schlafe.
Des Pförtners Lachen hallte,
Der Prior Zeter schrie, ja schrie,
Der Fuhrmann selig lallte:
"Zieh, Schimmel, zieh, ja zieh!"
Der Fuhrmann selig lallte:
"Zieh, Schimmel, zieh!"

Dann sprach der Prior mit Bedacht:
"Wir wollen ihm vergeben;
Wo man den Bock zum Gärtner macht,
Gedeihen keine Reben.
Der Wein sei ihm gegonnen,
Noch manches Faß ist hie, ja hie,
Steckt an den Ladebronnen!
"Zieh, Schimmel, zieh, ja zieh!"
Steckt an den Ladebronnen!
"Zieh, Schimmel, zieh!"
Boden