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Der Text zu dieser Volksweise ist nach einem Gedicht von Joseph Christian Freiherr von Zedlitz (28.02.1790 - 16.03.1862).
Mariechen saß weinend im Garten
Mariechen saß weinend im Garten,
Im Grase lag schlummernd ihr Kind,
Mit ihren schwarzbraunen Locken
Spielte leise der Abendwind.
|: Sie saß so still, so traurig,
So einsam, geisterbleich.
Die Wolken zogen schaurig,
Und Wellen schlug der Teich. :|
Der Adler kreist über die Berge,
Schon zog der Regen einher,
Es wirbelte der Staub auf der Erde,
Es fallen die Tropfen so schwer.
|: Schwer über Mariechens Wangen
Eine heiße Träne lief,
Es lag auf ihren Armen
Ihr einzig schlummerndes Kind. :|
"Warum bist du so traurig,
Du ganz verlassener Wurm?
Dein Vater hat uns verlassen
In einer schweren Stund.
|: Drum stürzen wir uns beide
Hinab ins tiefe Meer.
Vorüber sind alle Leiden,
Vorüber ist Kummer und Weh." :|
Da öffnet das Kind seine Augen,
Schaut auf zur Mutter und lacht.
Die Mutter, sie weinet vor Freude,
Drückt 's an ihr Herz und sagt:
|: "Nein, nein, wir wollen leben,
Wir beide, du und ich,
Dem Vater sei alles vergeben,
Wie glücklich machst du mich!" :|
Mariechen saß weinend am Strande
Ja manche dunkle Nacht,
Bis aus dem fernen Lande
Ein Schiffer die Botschaft ihr bracht:
|: "Das Kind auf deinen Armen
Hat keinen Vater mehr,
Er starb als braver Schiffer
Auf weit und breitem Meer." :|